NRW: Christiane Brunner im Gespräch

Christiane Brunner, Spitzenkandidatin der Grünen im Burgenland für die Nationalratswahl, ist am Montag zu Gast im „Radio Burgenland Nachmittag“ gewesen. Sie stellte sich den Fragen von Politikredakteurin Patricia Spieß.

Patricia Spieß: Frau Brunner, Sie haben beim letzten Mal ein Bundeslistenmandat bekommen und kandidieren auch jetzt auf Platz drei der Bundesliste. Doch was nützt das alles, wenn die Grünen in Umfragen bei fünf Prozent liegen und der Einzug in den Nationalrat wackelt?

Christiane Brunner: Es ist unbestritten, dass es in den letzten Monaten einige unerfreuliche Ereignisse gegeben hat, da braucht man nicht lange drum herumreden. Aber mir ist es wichtig, dass wir auch nicht sehr lange drum herumreden, denn das was die Grünen ausmacht, das gilt nach wie vor: Dass wir die einzigen sind, die die Klimakrise angehen können, dass wir die einzigen sind, die für Menschenrechte stehen - das ist unverändert und dafür werden wir kämpfen und ich gehe davon aus, dass auch unsere Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek das jetzt noch in den nächsten Wochen gut rüberbringen wird.

Christiane Brunner im Radio-Burgenland-Studio

ORF

Christiane Brunner im Gespräch mit Patricia Spieß

Spieß: Nach dem erfolgreichen Bundespräsidentenwahlkampf ist es bei den Grünen jedenfalls turbulent geworden - der Streit mit den jungen Grünen, eine neue Parteispitze, der Abgang von Peter Pilz. Viele deklarierte Grün-Wähler sind noch unentschlossen. Wie will man diese Unentschlossenen zurück ins Boot holen?

Brunner: Ich kann verstehen, dass die letzten Monate zu Unsicherheiten geführt haben, aber es gilt jetzt einfach - und ich glaub’, da tut sich auch schon etwas und die Umfragewerte gehen auch nach oben -, dass wir in den nächsten Wochen klarmachen können, dass die grünen Werte einfach unverändert sind, unabhängig von Personen sind, dass wir eine sehr erfahrene Spitzenkandidatin haben, die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments. Ich glaube, ihre Erfahrung können wir auch im österreichischen Parlament gut brauchen. Wir haben gesehen, was die Klimakrise bedeutet. Ich selbst habe auch gesehen, welche Chancen da drinnen sind. Ich war in den letzten Jahren unterwegs - auch bei Klimakonferenzen -, hab’ gesehen, wohin die Reise geht und da gibt’s auch so viel Ermutigendes. Mir ist es wichtig, den Österreicherinnen und Österreichern zu sagen: Da ist für uns enormes Potenzial drinnen. Die Bundesregierung hat da bisher leider nur ganz ausgelassen und gerade die grüne Energiewende bietet sehr viele Arbeitsplatzchancen.

Das gesamte Radio Burgenland-Interview mit Christiane Brunner:

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Spieß: Bei der letzten Nationalratswahl haben die Grünen zwölf Prozent erzielt, im Burgenland 6,7 Prozent - was ist denn jetzt das konkrete Wahlziel der Grünen?

Brunner: Unsere Spitzenkandidatin hat das auch schon angekündigt: Wir wollen zweistellig bleiben. Im Burgenland wollen wir so gut als möglich dazu beitragen. Es ist aber in jedem Fall notwendig, dass es eine starke grüne Kraft im Parlament und am besten auch in der Regierung gibt, weil ich wirklich überzeugt bin, dass die nächsten fünf Jahre entscheiden werden - über vieles: Ob wir die Klimakrise in den Griff bekommen oder nicht.

Spieß: Sie setzen in ihrem Wahlkampf sehr stark auf Umweltthema. Glauben Sie, ist das jetzt in diesem Nationalratswahlkampf, in dem es auch um eine Neuausrichtung der Republik geht, das wichtigste Thema für die Menschen?

Brunner: Gerade deswegen finde ich, ist das Umweltthema und die Klimakrise im Wahlkampf unterbelichtet sind, weil man nicht sieht, was da alles dranhängt. Es wird dran hängen, wie es mit Flüchtlingsbewegungen weitergeht, ob die österreichische Wirtschaft gut aufgestellt ist für die Wirtschaftschancen der Zukunft, ob Menschen die richtige Ausbildung bekommen. Der Mechanikerberuf ist ja jetzt auch schon ein ganz anderer Beruf als vor zehn Jahren. Wenn wir nicht wollen, dass die Arbeitsplätze in der Automobilindustrie in Zukunft in China sind, sondern in Europa und in Österreich bleiben, dann müssen die europäische und auch die österreichische Automobilindustrie jetzt den Sprung in das erneuerbare Zeitalter schaffen.

Spieß: Dieses Thema ist fraglos wichtig, aber was soll zum Beispiel eine Pensionistin im Südburgenland mit diesem Umweltthema der Grünen anfangen?

Brunner: Wenn Sie das Umweltthema damit in Zusammenhang bringen wollen, dann ist im Burgenland sicher die Mobilität eine besondere Frage. Gerade für viele ältere Menschen, aber auch für Junge, die kein Auto besitzen, ist es schwierig, sich fortzubewegen, einkaufen zu gehen oder am Abend wegzugehen. Da wollen wir den öffentlichen Verkehr stärken und das gerade auch an ländliche Regionen anpassen. Umweltpolitik ist auch eine soziale Frage. Eine Familie im Südburgenland muss sich zwei Autos leisten, wenn die Kinder Fußball spielen wollen oder in die Klavierstunde wollen - das muss man sich erst einmal leisten können.

Spieß: Auch im Burgenland gibt es Konkurrenz durch die Liste Pilz. Waren Sie betroffen als Peter Pilz nach seinem Abgang eine eigene Liste gegründet hat?

Brunner: Er hat darauf verzichtet, auf dem nächsten Platz zu kandidieren, wo er gewählt worden wäre. Das habe ich nicht verstanden, ehrlicherweise. Und ich verstehe auch nicht, warum gekränkte Eitelkeit zu dem führt, was wir danach erlebt haben. Ganz ehrlich: Mein erster Gedanke war, dass es nicht ganz zufällig passiert ist.

Spieß: Im Burgenland ist mit Herta Emmer eine Ex-Grüne Spitzenkandidatin der Liste Pilz, Emmer war Grünen-Geschäftsführerin von 2003 bis 2006. Tut Ihnen das weh?

Brunner: Nein, wie Sie gesagt haben, ist das schon lange her und ich nehme es jetzt ganz ehrlich nicht als Konkurrenz wahr. Natürlich ist es eine Mitbewerberin wie alle anderen auch, aber wir Grünen stehen für die Themen, für die wir stehen. Das werden wir auch im Wahlkampf vertreten, dafür kämpfen wir auch nicht nur im Wahlkampf, weil es uns wirklich darum geht die Lebenssituation der Menschen im Burgenland und in Österreich zu verbessern.

Spieß: Vor ein paar Monaten hat ein großer Streit bei den Grünen für Aufsehen gesorgt: Die Jungen Grünen mit der Burgenländerin Flora Petrik an der Spitze wollten bei den Studentenwahlen eine Konkurrenzliste unterstützen, das Ganze ist eskaliert. Flora Petrik kandidiert jetzt mit der KPÖ. Kann ein parteiinterner Streit noch schlechter ablaufen?

Brunner: Na ja, es war natürlich auch nicht erfreulich. Man muss aber sagen, dass es einige Personen waren und dass es ja viele andere Menschen auch bei den Jungen Grünen gibt, die nach wie vor dabei sind, sich um unsere Werte bemühen und jetzt auch im Wahlkampf sehr engagiert kämpfen. Ich war auch nicht glücklich darüber, wie das gelaufen ist, aber ich bin guten Mutes, dass wir das jetzt über die Bühne gebracht haben und auch mit neuen Menschen bei den jungen Grünen in den Wahlkampf gehen.

Spieß: Welche Koalition halten Sie denn nach der Nationalratswahl für die wahrscheinlichste?

Brunner: Ich kämpfe dafür, dass es eine Koalition gibt, wo die Grünen auch mitreden werden, weil es macht einen Unterschied. Ich konnte in der Vergangenheit einen Unterschied erreichen bei Verhandlungen rund um das Ökostromgesetz - die haben 600 Millionen Euro an Investitionen ins Burgenland gebracht, die werden den Burgenländerinnen und Burgenländern zugute kommen, da bin ich stolz darauf. Das hätte anders ausgeschaut, wenn die Bundesregierung das mit einer anderen Partei verhandelt hätte.

Spieß: Rechnen Sie wirklich damit, dass die Grünen in der nächsten Koalition sein werden?

Brunner: Damit rechnen kann man nicht, aber wir kämpfen darum, dass wir so stark als möglich werden, um auch bei Koalitionsverhandlungen mitreden zu können. Wie immer ist es dann bei Grünen die Frage, mit wem können wir so viele Inhalte wie möglich umsetzen.

Spieß: Mit den Freiheitlichen können Sie ja nach wie vor gar nicht?

Brunner: Eine Koalition mit Freiheitlichen wird es nicht geben, ich glaube, da sind wir mittlerweile auch die Einzigen, wo es Klarheit gibt - die SPÖ hat das aufgegeben. Bei allen anderen wird es darum gehen, welche Mehrheitsverhältnisse sind da und mit wem kann sich’s ausgehen. Aber sowohl SPÖ als auch ÖVP kommen für uns in Frage.

Spieß: Wären Sie gerne Umweltministerin?

Brunner: Also wenn ich mir die letzten Umweltminister so anschaue, ja. Aber ich möchte es nicht an meiner Person festmachen. Ich beende jede meiner Reden im Parlament damit: Österreich braucht endlich ein eigenständiges, starkes, engagiertes Umwelt-, Energie- und Klimaministerium. Das haben wir leider nicht. Das sieht man an den Auswirkungen. Das Umweltbudget wurde massiv gekürzt und die Konsequenz daraus ist, dass für Familien der Umstieg von Ölheizungen auf ein erneuerbares Energiesystem nicht mehr gefördert wird. Das möchte ich anders machen.

Spieß: Im Burgenland gibt es am 1. Oktober auch Gemeinderatswahlen. Derzeit haben die Grünen 27 Mandate. Warum ist das Burgenland für die Grünen ein hartes Pflaster?

Brunner: Also ich hab den Eindruck, dass unsere Arbeit auf allen Ebenen sehr geschätzt wird. Es ist wichtig, wenn die Grünen im Gemeinderat vertreten sind. Es ist im Burgenland aber schon auch - glaube ich - für manche nicht ganz leicht, sich für die Grünen zu outen. Also ich habe selbst erlebt, es wurde gleich einmal bei meinem Chef vorgesprochen, wie das sein kann, dass ich auf einer grünen Liste bin. Und das ist schon eine Schwierigkeit. Ich freue mich schon, dass es uns im Burgenland gelungen ist, jetzt in jeder dritten Gemeinde am Stimmzettel zu sein.

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