Schlepper-Lkw: Nicht nur Syrer unter Toten

Nicht nur Syrer, sondern auch Angehörige anderer Nationen sind in der vergangenen Woche in dem Schlepper-Lkw, der auf der A4 entdeckt wurde, gestorben. Die Polizei veröffentlichte am Freitag außerdem die Fotos der festgenommenen Verdächtigen.

Bei einer Pressekonferenz Freitagmittag in Eisenstadt gab Landespolizeidirektor Hans Peter Doskozil bekannt, dass in dem Schlepper-Lkw vermutlich syrische, afghanische und irakische Staatsangehörige waren. Es sei ein Faktum, dass der Fahrer des Schlepper-Lkw unter den fünf in Ungarn Festgenommenen sei. Sein Handflächenabdruck sei auf dem Lkw gefunden worden. Insgesamt gibt es im Zusammenhang mit dieser Schleppertragödie sechs Festnahmen.

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Doskozil zum Ermittlungsstand

Die Polizei geht davon aus, dass sie tatsächlich die für das A4-Schlepperdrama verantwortliche Gruppe festgenommen hat.

„Innerhalb kürzester Zeit“ erstickt

Offiziell wird die Todesursache der 71 Flüchtlinge erst nach sechs Wochen feststehen, dann wird das Gutachten des Gerichtsmediziners veröffentlicht. Doch nach den ersten Erkenntnissen der Untersuchung des Lkw sei das Fahrzeug luftdicht abgeschlossen gewesen, auch das Kühlaggregat sei nicht angeschlossen gewesen und hätte grundsätzlich ohnehin keine Frischluftzufuhr ermöglicht.

Daher gehe die Polizei zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass der Erstickungstod der 71 Personen innerhalb kürzester Zeit und jedenfalls noch in Ungarn eingetreten sei, so Doskozil. Indizien für einen Todeskampf der Opfer gebe es nicht, diese dürften infolge des Sauerstoffmangels immer schwächer und schwächer geworden sein, sagte der Polizeidirektor.

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Doskozil über die Todesursache

Nach der Untersuchung des Lkw geht die Polizei davon aus, dass es für die Flüchtlinge nur für kurze Zeit Luft im Lkw gab.

Noch kein einziger Toter identifiziert

Um die Toten zu identifizieren, habe man insgesamt auch mehr als 350 Utensilien der Flüchtlinge wie Rucksäcke und Kleidungsstücke untersucht. Bis jetzt sei aber noch kein einziger der Toten identifiziert worden. Über die Polizei-Hotline habe es insgesamt mehr als 300 Hinweise gegeben. Es gebe aber bereits Kontakt zu behaupteten Angehörigen, und es seien von diesen bereits DNA-Proben genommen worden, so Doskozil.

Auch die Route, die der Lkw genommen hatte, ist jetzt bekannt: Laut Doskozil startete der Lkw am 26. August um 5.00 Uhr an der serbisch-ungarischen Grenze, fuhr an Budapest vorbei in Richtung Österreich, passierte gegen 10.00 Uhr die Grenze und wurde danach in Parndorf abgestellt. Dort fand die Polizei den Lkw dann am nächsten Tag.

Polizei veröffentlicht Bilder der Verdächtigen

Die Polizei veröffentlichte außerdem die Bilder der in dem Fall festgenommenen sechs Verdächtigen. Man erhoffe sich von der Veröffentlichung der Bilder Hinweise auf etwaige andere Straftaten, möglicherweise Hinweise auf andere Schleppungen, so Doskozil.

Bei Ermittlungen auf ähnlichen Fall gestoßen

Im Zuge der Ermittlungen deckte die Polizei einen ähnlichen Schlepperfall auf. 81 Personen seien in einem fast bauartgleichen Fahrzeug wie der Lkw auf der A4 nach Österreich geschleppt worden, so Doskozil. Die Täter führten diesen Transport am 27. August durch - genau an jenem Tag, an dem der Lastwagen mit den 71 Toten entdeckt wurde.

Diese 81 Flüchtlinge seien in einer ähnlich lebensbedrohlichen Situation gewesen. Den 81 Personen im zweiten Lkw sei es gelungen, mit einem Brecheisen die Seitentür des Fahrzeugs während laufender Fahrt zweimal zu öffnen, so Doskozil. Der Schlepper setzte die Flüchtlinge dann in Gols im Bezirk Neusiedl am See ab. Diese Fahrt sei eindeutig einem in Ungarn Inhaftierten zuzuordnen, sagte der Polizeichef.

Flüchtlinge erkannten Fahrer auf Fotos

Nachdem man die 81 Personen aufgegriffen habe, seien sie nach Vordernberg zur asylrechtlichen Behandlung gekommen, sagte der Polizeichef. Danach wurden sie teilweise in Traiskirchen, teilweise in Verteilerzentren gebracht. Sechs Einvernahmen wurden bereits durchgeführt. Hinweise zu dem Fall erhielt die Polizei, nachdem Medien Fotos veröffentlichten. Die Flüchtlinge hatten darauf ihren Fahrer erkannt.

Laut Doskozil wurden die beiden Schlepper-Fahrzeuge unmittelbar vor den Fahrten nach Österreich gekauft und zugelassen. „Es kann durchaus sein, dass die 71 Personen die erste Schlepperfahrt gewesen ist“, sagte der Polizeichef.

Journalisten warten auf Pressekonferenz

ORF/Andreas Herbst

Journalisten vor Beginn der Pressekonferenz in der Landespolizeidirektion

Gute Zusammenarbeit mit Ungarn und Bulgarien

Die raschen Fortschritte bei den Ermittlungen seien auch der guten Zusammenarbeit mit Ungarn und Bulgarien zu verdanken, sagte der Leiter der Staatsanwaltschaft Eisenstadt, Johann Fuchs. Es seien Informationen aus dem Kreis der bulgarischen Behörden gewesen, die die sehr rasche Erlassung von europäischen Haftbefehlen überhaupt ermöglicht hätten.

Die Polizei vermutet, dass die Schleppergruppierung größer sei als die derzeit sechs festgenommenen Verdächtigen. Fuchs sagte, es gebe konkrete Hinweise, dass diese Tätergruppe mehrere Großfahrzeuge betrieben habe.

48 mutmaßliche Schlepper verhaftet

Unterdessen wurden bei der Schwerpunktaktion gegen Schlepper im Burgenland seit Donnerstagfrüh 18 Personen von der Polizei festgenommen. Insgesamt wurden seit Sonntag 48 mutmaßliche Schlepper und 487 Flüchtlinge in Fahrzeugen aufgegriffen, berichtete Oberstleutnant Helmut Marban - mehr dazu auch in Schlepper: Justizanstalt am Platzen.

Die Zahl der Festnahmen ist am Donnerstag deutlich angestiegen. Ob die Zunahme mit dem Ausreiseverbot von Flüchtlingen aus Ungarn mit dem Zug zusammenhängt, konnte Marban nicht eindeutig beantworten - mehr dazu in Flüchtlinge in Bicske: Hunderte verharren in gestopptem Zug. „Wir müssen die Situation während des heutigen Tages noch beobachten“, meinte der Oberstleutnant. Die burgenländische Polizei sei aber auch für einen verstärkten Zustrom auf der Straße gerüstet.

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