„Nazi-Keller“-Prozess: Zehn Monate bedingt

Das Urteil im „Nazi-Keller“-Prozess ist jetzt rechtskräftig. Auch die Staatsanwaltschaft Eisenstadt, die gestern noch keine Erklärung abgegeben hat, akzeptiert es, hieß es gegenüber dem ORF Burgenland. Der Prozess hat mit einem Schuldspruch geendet.

Der Eigentümer des „Nazi-Kellers“ in Marz wurde am Donnerstag wegen Wiederbetätigung zu zehn Monaten bedingt verurteilt, er hat angenommen. Die „Nazi-Devotionalien“ werden konfisziert. Der Verteidiger verzichtete auf Rechtsmittel, vom Staatsanwalt gab es keine Erklärung.

Die Geschworenen berieten etwa drei Stunden lang - der Schuldspruch fiel schließlich mit sieben zu einer Stimme aus. Zuvor hatte sich Verteidiger Werner Tomanek im Schlussplädoyer von der Unschuld seines Mandanten überzeugt gezeigt. Staatsanwalt Heinz Prinke hingegen erklärte, seines Erachtens sei der Tatbestand der Wiederbetätigung nach Paragraf 3g des Verbotsgesetzes erfüllt.

Wegen Wiederbetätigung angeklagt

Bei dem Strafprozess wegen der „Nazi-Keller-Affäre“ am Donnerstag in Eisenstadt war der 58-jährige Kellereigentümer aus Marz wegen Wiederbetätigung angeklagt. Er hatte sich nicht schuldig bekannt. „Das Verbotsgesetz ist ein Vorsatzdelikt, dass heißt, man muss einen Vorsatz haben, sich politisch zu betätigen. Das unterstellt auch der Regisseur (Ulrich) Seidl nicht. Der Besitz dieser Sammlungen ist unbedenklich. Er sammelt auch nicht nur diese Dinge“, so Tomanek.

Nazi-Keller

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Der Angeklagte betritt den Verhandlungssaal

Szene für Film „Im Keller“

Es geht um eine Szene in Ulrich Seidls Film „Im Keller“, die im September für Empörung gesorgt hatte. Angeklagt ist der Eigentümer des Kellers, in dem 2009 die entsprechende Szene für den Kinofilm, der vergangenen Herbst Premiere hatte, gedreht worden ist. Fünf Männer in Tracht sitzen in dem Keller in Marz (Bezirk Mattersburg) unter einem Hitler-Bild, neben einer lebensgroßen Puppe in Nazi-Uniform, umgeben von weiteren NS-Devotionalien. Sie singen und prosten einander zu.

Der Kellereigentümer musste sich nun vor einem Geschworenengericht wegen Wiederbetätigung verantworten. Der Strafrahmen: ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe. Die Staatsanwaltschaft geht bei dem 58-Jährigen, der sich Medien gegenüber als „Sammler“ bezeichnete, von Vorsatz aus.

Prozess Nazi-Keller

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Angeklagter bezeichnete sich als Sammler

Staatsanwalt Prinke sah den Vorwurf der Wiederbetätigung in zwei Punkten erfüllt: Der Angeklagte habe in seinem Keller mehrere Uniformen mit Hakenkreuz, Hakenkreuz-Fahnen und Abzeichen, die Skulptur eines Adlers mit Hakenkreuz sowie Hitler-Bilder und NS-Abzeichen aufbewahrt und diese durch sein Mitwirken im Seidl-Film zur Schau gestellt. Außerdem habe der 58-Jährige mit seinem Blechblasinstrument das Lied „Es zittern die morschen Knochen“ des NSDAP-Mitglieds Hans Baumann gespielt.

Der Angeklagte bezeichnete in dem Film außerdem ein Bild mit einem Hitler-Porträt als sein schönstes Hochzeitsgeschenk. Die Wortwahl und die Auswahl des Liedes seien durch den Angeklagten erfolgt, so der Staatsanwalt. Der Angeklagte sagte, er sei nur ein Sammler und interessiere sich ganz allgemein für Geschichte, etwa auch für die Zeit der Monarchie. Er sei ÖVP-Mitglied und politisch nie aktiv gewesen. In dem besagten Keller habe er hin und wieder mit Freunden gefeiert.

„Hitler-Wein“ auf Flohmarkt verkauft

Bei den Filmaufnahmen habe Seidl signalisiert, dass rechtlich alles in Ordnung sei. Es sei dabei auch immer Alkohol getrunken worden. Er sei sich auch nicht sicher gewesen, dass diese Aufnahmen tatsächlich ausgestrahlt werden, so der Angeklagte. Zur Sprache ist allerdings auch gekommen, dass der Mann schon vor einigen Jahren auf einem Flohmarkt sogenannten „Hitler-Wein“ angeboten hatte, auf den Flaschen selbst gemachte Etiketten mit Nazi-Symbolen.

Die Mitwirkung in dem Film sei nicht die beste Idee des Angeklagten gewesen, sagte sein Verteidiger. Er sei ein Sammler aus Leidenschaft. Der Besitz dieser Gegenstände allein sei nicht strafbar, nur zeigen und propagieren dürfe man diese eben nicht.

Nazi-Keller-Prozess

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Auch Regisseur Ulrich Seidl wird befragt

Seidl: „Er ist ein Nostalgiker“

Regisseur Seidl wurde als Zeuge befragt. Er sagte aus, ihm und dem Angeklagten sei bewusst gewesen, dass sie rechtlich eine Gratwanderung machen würden. Er glaube, dass das nicht unter Wiederbetätigung falle, so Seidl. „Er ist kein Wiederbetätiger, kein Neo-Nazi, er ist niemand, der versucht seine Meinung unter die Leute zu bringen. Das ist er nicht. Er ist ein Sympathisant und meiner Einschätzung nach ein Nostalgiker“, sagte der Filmemacher.

Das Verfahren gegen die anderen Männer, die in der Filmszene zu sehen sind, wurde nach Ermittlungen eingestellt. Zwei davon waren ÖVP-Gemeinderäte, die daraufhin zurück- und auch aus der ÖVP austreten mussten. Der Prozess am Donnerstag ist für den ganzen Tag angesetzt. Insgesamt neun Zeugen werden vernommen. Das Urteil wird für Donnerstagnachmittag erwartet.

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