„Geldkuvert-Prozess“ endet ohne Entscheidung

Der Zivilprozess um die „Geldkuvert-Affäre“, bei der Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) den News-Verlag geklagt hatte, ist am Mittwoch vorerst ohne Entscheidung zu Ende gegangen. Niessl blieb bei seinen bisherigen Aussagen. Das Urteil ergeht schriftlich.

Niessl klagte den News-Verlag nach einem „profil“-Artikel, in dem es darum ging, dass Niessl vom Tiroler Industriellen Manfred Swarowski ein Kuvert mit 10.000 Euro bekommen haben soll. Der Landeshauptmann hatte ebenso wie Swarovski die im „profil“ unter dem Titel „Rotlichtmilieu“ veröffentlichten Vorwürfe vehement zurückgewiesen. Niessl sprach von „Rufmord auf Raten“ und klagte auf Widerruf und Unterlassung - mehr dazu in Geldkuvertvorwurf: Niessl klagt „profil“.

Hans Niessl vor Gericht

ORF/W. Schneeberger

Hans Niessl mit seinem Anwalt

Niessl bleibt bei Aussage

Niessl blieb beim Prozess bei seinen bisherigen Aussagen. Er sagte unter Wahrheitspflicht aus, dass er in besagtem Zeitraum nicht in Tirol gewesen sei und dass er weder Geld noch ein Kuvert von Swarco oder Swarovski erhalten habe. Er sei nur einmal mit einer Delegation aus dem Burgenland in Wattens gewesen. Das sei im Jahr 2007 gewesen. Im Zeitraum 2009/2010 sei er - entgegen der Behauptung des früheren Swarco-Vorstandes Andreas Wecht - nicht in Wattens gewesen. Das könne er anhand von Fahrtenbüchern und Terminkalendern auch belegen, so Niessl.

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Wecht selbst gab dem ORF Burgenland kein Interview mit dem Verweis, dass er nur während der Verhandlung sprechen werde. In der Verhandlung machte er dann keine Aussage, weil er „strafrechtliche Folgen befürchten“ müsse.

Manfred Swarovski

ORF/W. Schneeberger

Manfred Swarovski

Swarovski: „Unverschämte Behauptung“

Swarovski bezeichnete die angebliche Geldübergabe als „unverschämte Behauptung, die nicht stimmt“. Auf die Frage, ob rund um die Komturkreuzverleihung - Swarovski erhielt 2011 von Niessl das Komturkreuz des Landes Burgenland - Geld geflossen sein konnte, antwortete Swarovski: „Das ist ungeheuerlich. Ich bin überhaupt nicht interessiert an Orden. Das ist Sache des Burgenlandes, wenn sie Orden verleihen.“

Auch der Leiter der Unternehmenskommunikation von Swarco, Richard Neumann, wurde befragt. Er sagte aus, dass es nach 2007 keinen Besuch Niessls bei Swarco gegeben habe. Und es sei auch undenkbar, dass es Ende 2009/Anfang 2010 eine Produktpräsentation ohne sein Wissen gegeben habe, so Neumann.

Andreas Wecht

ORF/W. Schneeberger

Andreas Wecht

Nikbakhsh: „Irgendwann glaubst ja, du spinnst“

Was die Vorgeschichte im „profil“ betrifft, berief sich Journalist Michael Nikbakhsh auf das Redaktionsgeheimnis. Er sagte, er habe Wecht am 28. Jänner 2014 getroffen. Am 6. Februar 2014 habe Wecht dann unterschrieben, die Aussage unter Wahrheitspflicht vor Gericht zu wiederholen. Insgesamt habe es sechs Treffen gegeben. Nikbakhsh sagte, Wecht habe seine Story nicht verändert.

„Irgendwann glaubst ja dann, du spinnst“, sagte Nikbakhsh, und zwar deswegen, weil alle anderen sagten, dass Wechts Aussagen nicht stimmen würden. Der „profil“-Journalist wiederholte dann Aussagen von Wecht, dass dieser das Geld abgehoben und entweder persönlich oder an Swarovski übergeben habe. Widersprüche in Wechts Aussagen sah Nikbakhsh nicht.

Michael Nikbakhsh

ORF/W. Schneeberger

Michael Nikbakhsh

Zum Titel „Rotlichtmilieu“ im „profil“ sagte Nikbakhsh, dass er den Titel witzig gefunden habe. Keinesfalls wollte er damit diskreditierende Zusammenhänge erzeugen. Er habe den Titel gewählt, weil die Firma Swarco Ampelanlagen herstelle und Niessl ein „roter“ Landeshauptmann sei, so der Journalist.

Nikbakhsh: „Wir haben den Vorwurf nicht erhoben“

Die einzige Recherche beim Landeshauptmann vor Erscheinen des Artikels sei eine Mailanfrage an Niessl gewesen, ob er Geld von Swarovski erhalten habe. Nikbakhsh sagte weiter, dass er niemanden außer Wecht gefunden habe, der den Besuch von Niessl bestätigt habe, obwohl er weitere Zeugen gesucht habe. „Wir haben den Vorwurf nicht erhoben, wir haben nur berichtet, was Wecht behauptet hat“, so Nikbakhsh.

Er habe den Artikel nur veröffentlicht, weil Wecht seine Bereitschaft, vor Gericht unter Wahrheitspflicht auszusagen, unterschrieben habe, so Nikbakhsh. Dass Wecht am Mittwoch nicht aussagte, entlockte Nikbakhsh ein Achselzucken. Vor der Veröffentlichung des Artikels habe Nikbakhsh nicht im Detail gewusst, welche Probleme es rund um das Ausscheiden Wechts von Swarco gegeben habe.

„Keine Barabhebung“

Ein Zeuge aus dem Finanzbereich von Swarco sagte aus, dass von der Raiffeisenbank Wattens Kontoauskünfte eingeholt wurden. Sämtliche Kontobewegungen zwischen Oktober 2009 und Mai 2010 wurden überprüft. Das Ergebnis: Es habe keine Barabhebung von 10.000 Euro gegeben, so der Zeuge.

Der Zeuge sagte weiter aus, dass Wecht als Vorstand aufgrund von Alkoholmissbrauch gekündigt worden sei. Er habe sich nicht an eine vereinbarte Entzugstherapie gehalten. Die Kündigung wurde schließlich in eine einvernehmliche Kündigung umgewandelt. Swarco sei sehr großzügig gewesen, so der Zeuge weiter. Aber letztlich hatte Swarco noch eine Forderung über 6.000 Euro für einen Dienstwagen. Swarco klagte Wecht, der konnte nicht zahlen und wurde schließlich exekutiert.

Urteil ergeht schriftlich

Der Anwalt von „profil“ verlangte, dass Tonbandaufnahmen von Nikbakhsh im Gespräch mit Wecht innerhalb einer Woche vorgespielt werden. Niessls Anwalt forderte, dass es eine einstweilige Verfügung gegen „profil“ geben solle. Die Verhandlung endete am Mittwoch vorerst ohne Entscheidung, das Urteil ergeht schriftlich.

Hans Niessl im Interview vor dem Prozess

APA/Herbert Pfarrhofer

Bereits vor dem Prozess war das Medieninteresse gewaltig

Die Verhandlung habe klar gezeigt, dass hinter diesem Rufmord auf Raten nur leere Anschuldigungen stünden, sagte SPÖ-Landesgeschäftsführer Robert Hergovich nach dem Prozess am Mittwoch. „Das Lügengebäude ist einmal mehr in sich zusammengefallen. ‚Profil‘ konnte neuerlich keine Beweise für die Anschuldigungen vorlegen“, so Hergovich.

Artikel laut Niessl „Rufmord“

Der ursprüngliche „profil“-Artikel bezog sich auf Aussagen von Wecht. Dieser hatte - ursprünglich als anonymer Informant - behauptet, Niessl habe bei einem Besuch der Firmenzentrale in Wattens zum Jahreswechsel 2009/2010 vom Tiroler Industriellen Swarowski ein Kuvert mit 10.000 Euro bekommen - mehr dazu in „profil“: Geldkuvert für Niessl?.

Der Landeshauptmann und Swarowski dementierten heftig, Niessl sprach von „Rufmord“ - mehr dazu in Niessl weist Geldkuvertvorwurf zurück, Rückendeckung in Causa „Geldkuvert“ und „Geldkuvert-Affäre“: Noch immer keine Beweise. Wecht blieb bei der angeblichen Geldübergabe, allerdings mit unterschiedlichen Zeitangaben und Versionen. Gegenüber dem ORF gab er dann aber eine „Ehrenerklärung“ für den Landeshauptmann ab: Er halte ihn nicht für bestechlich - mehr dazu in Geldkuvert: „Ehrenerklärung“ für Niessl. Niessl kündigte schließlich gerichtliche Schritte an, die er wenige Tage nach Erscheinen des Artikels auch in die Tat umsetzte.