Tanzen belebt alle Sinne

Tanzen ist Bewegung und stärkt Muskeln und Gelenke. Außerdem werden Augen, Ohren, Gleichgewichtssinn und Gefühle aktiviert. Tanzen kann daher auch therapeutischen Charakter haben, sagt Gesundheitsexpertin Miriam Wiegele.

Tanz ist eine der ersten und ältesten Formen menschlichen Ausdrucks von Gefühlen. Auch heute noch findet man bei Naturvölkern die Einstellung, dass Tanz gleichbedeutend ist mit allen wichtigen Aspekten des Lebens. Der Tanz wurde in fast allen Stammeskulturen auch zu therapeutischen Zwecken eingesetzt.

Plakat mit Tanzszene

APA/Österreichische Apothekerkammer

Zur Kunstform entwickelt

Vom frühen Mittelalter bis zu den Anfängen des 20. Jahrhunderts setzte in den westlichen Kulturen eine zunehmende Formalisierung des Tanzes ein. Dabei wechselte seine Bedeutung vom religiösen und therapeutischen Ausdruck hin zur Technisierung und Perfektion. Der Tanz wurde immer mehr zu einer Kunstform, zum Gesellschaftstanz. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte sich parallel zu dem damals noch jungen Gebiet der Psychologie eine Form des Tanzes, bei der innere Gefühle den Ausdruck bestimmten. Isadora Duncan war eine der bekanntesten Interpretinnen dieses Ausdruckstanzes.

Tanzen als Therapie

Die heilende Kraft des Tanzes wird auch in Form einer Tanztherapie genutzt. Heute versteht sich die Tanztherapie als psychotherapeutisches Verfahren, das Elemente von Körpertherapien wie Bewegungstherapie, Atemtherapie, Bioenergetik und Feldenkrais-Technik miteinbezieht. Sie untersucht die anatomischen Gegebenheiten wie Körperhaltung, Beweglichkeit und Zustand der Muskulatur, insbesondere Verspannungen, die sie als Folge emotionaler und psychischer Störungen interpretiert.

Sendungshinweis

„Radio Burgenland Vormittag“, 29.1.2013

Die Tanztherapie betrachtet den Tanz als psychotherapeutisches Hilfsmittel, das ein Ventil für gestaute Emotionen sein kann und sieht die Aufgabe darin, durch Tanzen zum eigenen Selbst zu kommen. Die Heilkraft von Bewegung zur Musik hat mittlerweile einen festen Platz in vielen therapeutischen Einrichtungen und in Kliniken. Dabei profitieren psychisch Kranke, Behinderte, chronisch Kranke und alte Menschen vom Tanzen und selbst im Rollstuhl kann man ein Tänzchen wagen.

Da Tanzen ohne viele Worte auskommt, eignet es sich auch für Menschen, die verbal schwer zugänglich sind - zum Beispiel für verhaltensauffällige Kinder oder Demenzkranke. Als körperorientierte Bewegungsform ist Tanzen auch ideal bei psychosomatischen Beschwerden oder Essstörungen.

Zumba-Tänzerinnen

dpa/A3637 Jörg Carstensen

Tanzen im Rhythmus

Das ganze Leben richtet sich nach Rhythmen: Hormone werden im Rhythmus des Tages ausgeschüttet, das Herz pumpt das Blut rhythmisch durch die Adern. Das Leben verläuft im Tag – und Nachtrhythmus und in unseren Breiten auch in einem jahreszeitlichen Rhythmus. Jeder Mensch hat also „Rhythmus im Blut“. Doch unsere Lebensweise führt dazu, dass der Takt dieses Rhythmus nicht mehr stimmt. Tanzen kann helfen, seine inneren Rhythmen wieder zu finden.

Sich fit tanzen

Mediziner empfehlen mehr Bewegung - nicht nur zur Vorbeugung, sondern auch zur Therapie von Krankheiten. Eduard David, ein Physiologe, kam aber auf Grund seiner Gehirnforschungen zu dem Schluss: „Betrachtet man die Menschen, die verbissen auf dem Heimtrainer ihr Strampelsoll erfüllen oder mit verhärmter Miene ihre Joggingrunden drehen, dann wird man den Verdacht nicht los, dass hier wichtige Komponenten des täglichen Lebens brach liegen“. Er empfahl, lieber durch Tanzen zu körperlicher Fitness zu kommen.

Auch mehrere Studien von Kardiologen zeigen, dass regelmäßiges Tanzen zum Beispiel bei Herzmuskelschwäche eine effektivere Wirkung erbrachte als übliche Bewegungstherapien auf dem Laufband oder Fahrrad. Vor allem verspürten die Patienten ein gesteigertes Lebensgefühl, schließlich spielt beim Tanzen als Bewegungstherapie ja auch noch der „Spaßfaktor“ eine wichtige Rolle.

Mit Spaß in Form kommen

Wer eine Stunde lang tanzt, verbraucht etwa 360 Kalorien, vor allem beim Walzer. Rock ’n’ Roll verbrennt sogar 600 Kalorien. Die Fettverbrennung beginnt wie bei allen Ausdauersportarten nach rund 30 Minuten. Dabei gilt auch für den Tanz: „Lieber locker und länger als heftig und kurz.“ Weil Tanzen so viel Freude macht, empfinden die Tänzer die körperliche Anstrengung gar nicht als solche. Die Gelenke werden beim Tanzen nicht extrem belastet. Körperspannung und Bewegung kräftigen zusammen fast alle Muskeln und Knochen- Tanzen ist eine gute Vorbeugung gegen Osteoporose.

Tangotänzer

EPA

Tanzen wirkt:

  • Durch die rhythmischen Bewegungen werden die Muskeln gelockert, gleichzeitig aber die Bein- und Fußmuskeln trainiert und die Bauch- und Rückenmuskeln gestärkt.
  • Herz und Kreislauf werden aktiviert, die Durchblutung im gesamten Körper, vor allem aber in Hüften und Beinen stark angeregt, wodurch auch die Hüften gelenkiger werden.
  • Wer mit Einsatz und Freude tanzt, trainiert also Herz und Kreislauf, beugt Arthrose, Gefäßverengungen, Osteoporose und Rückenbeschwerden vor.

Vorsicht ist allerdings Menschen anzuraten, die Probleme mit dem Herzen, hohen Blutdruck oder Hüft – und Kniegelenksprobleme haben. Sie sollten besser zu Tanztherapeuten gehen.

Balsam für die Seele

Tanzen ist mehr als Bewegung, weil die Wahrnehmung und Aktivierung unserer Sinne- Auge, Ohr, Gleichgewicht, Berührung und Gefühl- hinzukommen. Miteinander zu tanzen ist kommunikativ und macht Spaß. Die rhythmischen Bewegungen lösen Verspannungen, die Freude am Tanzen lässt den Alltagsstress vergessen. Beim Tanzen kann man den Gefühlen freien Lauf lassen. Beim Tanzen wird Serotonin ausgeschüttet, schlechte Laune hellt sich auf, Stress und Anspannung lösen sich und nach einer ausgiebigen Tanznacht kann man sich wie neugeboren fühlen.

Auch Gehirntraining

Tanzen soll Freude bringen, deshalb sollte man sich der Musik hingeben. Ein Tanzkurs kann dennoch nicht schaden, damit man lernt, im richtigen Takt mitschwingen zu können. Das Lernen von Schrittkombinationen und Figurenfolgen im rhythmischen Zusammenhang schult das Gedächtnis nachweislich besonders intensiv.

In der praktischen Umsetzung auf der Tanzfläche werden Gleichgewichts- und Orientierungssinn trainiert sowie die Improvisationsfähigkeit. Alles Eigenschaften, die das Gehirn braucht, um fit zu bleiben. Tanzen lernen, ist daher wie Studien ergaben die beste Vorbeugung gegen Demenz.

Kräutertipp für Walzertänzer

Wissenschaftlich bestätigt ist, dass Ingwer gegen „motion-sickness“ - also Folgen von ungewohnten Bewegungen wie Schwindel oder Übelkeit - hilft. Wissenschaftlich noch nicht erforscht ist, ob Ingwer auch dem „Drehschwindel“ beim Walzertanzen vorbeugen kann. Starten Sie doch einen eigenen Versuch, indem Sie Ingwertee oder vielleicht gar einen Ingwerlikör vor dem nächsten Ballbesuch trinken. Anregend ist der Ingwer ganz sicher.